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CURT-GOETZ-RUNDGANG AM 50. TODESTAG DES KOMÖDIENDICHTERS

Am 12. September 2010 jährte sich zum 50. mal der Todestag Curt Goetzes, Abgänger des Standtgymnasiums von 1906. Aus diesem Grunde wurde ein Stadtrundgang vom Hauptbahnhof über den Stadtgottesacker, dem Medizinerviertel, dem Nordfriedhof, der Adam-Kuckhoff-Str. zur Mansfelder Str. angeboten. Dabei wurde aus dem ersten Band der Autobiographie "Die Memoiren des Peterhans von Binningen" zitiert. Natürlich ging es auch zu unserer Schule, denn das Buch fängt genau mit der bestandenen Prüfung zum "Einjährigen Freiwilligen Militärdienst" am Stadtgymnasium an. Bedauerlicher Weise interessieren sich vorwiegend ältere Menschen für diesen Komödiendichter, der sich auch in der Auseinandersetzung mit der Nazizeit als klug denkender engagierter Künstler zeigte. Zu den Stationen (Quelle: "Die Memoiren des Peterhans von Binningen", Ausgabe Ullstein-Bücher Nr. 443 Fankf. a. M. und Berlin, 1960):

1.Hauptbahnhof
"Das Schönste an Halle - nach Überzeugung weitgereister Leute, sofern sie sich nicht genieren, diesen alten Witz anzubringen - sei jedoch Halles Hauptbahnhof, der infolge seiner Eigenschaft als wichtiger Eisenbahnknotenpunkt eine ideale Gelegenheit biete, diese Stadt nach allen Himmelsrichtungen hin zu verlassen." (S. 10)

3. Nordfriedhof; Grab von Wilhelm Rocco
"Und da war der Großvater mütterlicherseits, der Schauspieler und Schriftsteller Wilhelm Rocco, der ihm die Liebe zum Theater vermacht hatte."  (S. 24)  

4. Medizinerviertel (gegenüber den Uni-Kliniken beginnend an der Magdeburger Straße) - Curt Goetz wohnte mit Mutter und Bruder in den Kliniken.
"Als Peterhans im Alter von zwei Jahren seinen Vater verlor, war Mutter mit ihm seinem um vier Jahren älteren Bruder Hans [dieser war ebenfalls Schüler des Stadtgymnasiums] nach Halle übergesiedelt, wo sie eine Privatklinik eröffnete [erste von vieren in der Forsterstr. 32], die sie mit Liebe und Umsicht zu einer kleinen Berühmtheit machte. Professor von Bramann, der große Chirurg [s. Station 2] , und Geheimrat Schwartze, der bedeutende Ohrenspezialist [s. Station 2], vertrauten ihre Patienten ihrer Obhut an. ... Aus den zwei Etagen, mit denen Mutter angefangen hatte, wurden bald zwei Häuser." (S. 26)   

Ergänzung: die Uni-Kliniken an der Magdeburger Straße stellten einen besonderen Reiz für den Schüler Kurt Götz dar. In den Memoiren schreibt der Autor, dass er mit anderen Kindern in den Keller des Pathologischen Instituts durch ein Kellerfenster öfters eingestiegen war und man dort "Indianer" spielten.

5. IGS - ehemals Stadtgymnasium
"Ostern 1906 bestand Peterhans von Binningen ... zu seiner und seiner Freunde Überraschung das Einjährig-Freiwilligen-Examen am Stadtgymnasium zu Halle an der Saale." (S. 7)
Hinweis: das Einjährig-Freiwilligen-Examen war eine Vorstufe des Abiturs. Es wurde (beim 9-jährigen Abitur = 13. Klasse) in der 11. Klasse abgelegt, also in der Obersekunda (13. Klasse = Oberprima). Dies galt als "mittlere Reife" und diese war Voraussetzung für den Einjährig-Freiwilligen-Militärdienst - dieser verkürzte die Militärzeit von 2 bzw. 3 Jahren auf ein Jahr.  
"Was das eingangs erwähnte Examen anbelangt, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß die von Peterhans flüchtig erwähnte Absicht, mit dem Einhährigen-Zeugnis die Schule zu verlassen, wesentlich zu der reibungslosen Erteilung dieses Zeugnisses beigetragen hat. Wenn das Lehrerkollegium in einem Punkte übereinstimmte, so in dem, daß es gut sei, Peterhans von Binningen loszuwerden." (S. 11)
Im Nachfolgenden beschreibt Curt Goetz einige Streiche, die er sich in der Schule geleistet hat (z. B. das Abdrehen des Gaslichtes auf einer Etage des Schulhauses, als er zum "Schönschreiben" am Nachmittag zusammen mit Sextanern [= Fünftklässler] bordert worden war und der Direktor gerufen wurde oder als er statt einen Aufsatz zu Hause zu schreiben mit einem Mädchen auf der Ziegelwiese Schlittschuhlaufen ging und für den Aufsatz ein "ungenügend" erhielt).
"Höchstens das Pedelltöchterchen [Pedell = alte Bezeichnung für einen Hausmeister]dürfte sich vielleicht noch eine Weile an Peterhans mit Wehmut erinnern. Das Pedelltöchterchen, bei dem er in der Pause sein Frühstück in Gestalt einer Dreierwecke zu kaufen pflegte, während er seine belegten Stullen einem Kameraden vermachte. ... Es gab eine Menge Schüler,  die ihr Frühstück in Gestalt einer Dreierwecke beim Pedelltöchterchen kauften. So eine Dreierwecke kostete, wie schon der Name sagt, 5 Pfennig. Allerdings war sie dafür mit Schmalz und Salz beschmiert. ... Denn der Andrang war groß und die Pause war kurz." (S. 15/16)
Dass Curt Goetz schon in der Schule gefallen am Theaterspielen fand findet sich in folgender Passage bestätigt:
"Die Abschiedsfeier fand im Heidekrug statt. ... Eine Schüleraufführung der 'Räuber' bildete den Höhepunkt der Feier. Eben senkte sich der Vorhang über der Wahnsinnsszene des Franz Moor, der von Peterhans verkörpert wurde. Und nun geschah es. 'Es erhob sich', pflegte Tante Klärchen zu erzählen, 'ein hermetischer Beifall mit ohrenbetäubendem Lärm von zerbrechenden Stühlen und umfallenden Bänken. Die Bühne wurde gestürmt, Peterhans heruntergerissen und zum Küssen herumgereicht'".  (S. 17)
Es folgen Schilderungen von Curt Goetz über Gespräche, die er auf der Abschidesfeier in der Dölauer Heide mit dem Deutsch- und dem Griechischlehrer über seine Zukunf führte. Der Absatz über den Schulbesuch endet mit folgenden Sätzen:
"Peterhans beschloß, zu Fuß nach Halle zu gehen [der Heidekrug in der Heide lag damals 1 h von Halle entfernt]. Als der Kremser mit den grölenden Mitschülern ihn überholte, schlug er sich in die Büsche. Er wollte allein sein. Mit der Heide, mit dem Morgengrauen und mit sich. Er dachte an sein junges Leben und an seine Zukunft, die in diesem Augenblick begonnen hatte. Die Sonner wiederholte ihren täglich vergeblichen Versuch, über Halle aufzugehen. Es kam nur zu einer diffusen Beleuchtung über Nietleben, wo die Irrenanstalt lag." (S. 22/23)Goetz beschreibt nun im Weiteren seinen Rückweg von der Schulabschiedsfeier in die Stadt (stark alkoholisiert) und seine Gedanken und Erlebnisse dabei. "An der Cröllwitzer Brücke stand eine junge Dame, deren rotgeschminkten Lippen die mangelhafte Cröllwitzer Straßenbeleuchtung angenehm unterstützten. ... 'Du gehörst ins Bett', begann sie die Konversation, 'und zwar in meins'. ... 'Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir sagen könnten, wo ich hier eine Droschke finde.' ... Wie alt er denn sei? 17 ... 'Was machst du mit deiner Schülermütze, wenn du nicht mehr zur Schule gehst? ... Willst du sie mir überlassen? ... Sie riß ihm die Mütze aus der Hand ... und war verschwunden ..." (S. 29/30)
Es folgt eine Schilderung von zwei Droschkenfahrten in der Nacht von der Cröllwitzer Brücke in die Krukenbergstraße zur Privatklilnik seiner Mutter.

6. Reubke-Apotheke in der Mansfelder Str.  (existiert nicht mehr; erstes Haus nach der Klausbrücke)
Hier wohnte Curt Goetz bei seinem Onkel, als er später in Halle zu Gast war.

Im ersten Band der Autobiographie, die noch von Goetz selbst geschrieben wurde, geht es dann weiter mit Erinnerungen an den Beginn der Schauspielerkarriere in Berlin, Rostock und Nürnberg.
 
 [Bk 13-09-10]

AUFNAHMEN VOM STADTRUNDGANG MIT DR. MÜLLER 1. STATION: HAUPTBAHNHOF

Der bekanntest Ausspruch von Curt Goetz bezieht sich auf den Hauptbahnhof Halles. Deshalb begann die Exkursion auch dort. 

2. STATION: STADTGOTTESACKER.

Hier liegen die Mediziner Bramann und Schwartze, die mit der Familiengeschichte der Götzes in Halle verbunden sind.

3. STATION: NORDFRIEDHOF

Hier am Grabe des Großvaters von Curt Goetz Wilhelm Rocco und des Onkels Alfred Reubke (Apotheker aus der Mansfelder Str.)

4. STATION: MEDIZINERVIERTEL

Ehemalige Privatklinik der Mutter Curt Goetzes in der Forsterstr.32

... Privatklinik in der Forsterstr. 42 

... Privatklinik in der Krukenbergstr. 27

... Privatklinik in der Magdeburger Str. 19 

5. STATION IGS.HALLE UND 6. STATION APOTHEKE "REUBKE" IN DER MANSFELDER STR.