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REKTOREN DER UNIVERSITÄT UND IHR SÖHNE

Schaut man sich die Liste der Rektoren der Friedrichs-Universität Halle an, so findet man einige Familiennamen, die ebenfalls im Adressverzeichnis der Abiturienten des Stadtgymnasiums zu finden sind. Konkret sind dies:

- Eduard Riehm, Rektor von 1881 bis 1882, Vater von Gottfried Riehm (Abiturient Nr. 64; weitere Kinder und Enkel mit dem Familiennamen Riehm, die ihr Abitur an der Schule ablegten waren: Georg Nr. 102, Hermann Nr. 248, Otto Nr. 442,  Eduard Nr. 631, Friedrich Nr. 878, Leonhard Nr. 986, Karl Nr. 1002 und Wolfgang Nr. 1101)

- Julius Bernstein, Rektor von 1890 bis 1891, Vater von Felix und Rudolf Bernstein (Abiturienten Nr. 494 und 584)

- Edgar Löning, Rektor von 1899 bis 1900, Vater von Otto und Karl Loening [Schreibweise des Familiennamens ist in den Quellen unterschiedlich, mal "ö" mal "oe"](Abiturienten Nr. 629 und 556a) 

sowie

der besondere Fall Johannes Weigelt, der Schüler des Stadtgymnasiums war (machte hier aber kein Abitur; Nr. 882a) und Rektor der Universität in ihrer schwärzesten Zeit, nämlich von 1936 bis 1944, wurde.

Zu den Riehms, Bernsteins und J. Weigelt wurden auf den Seiten der Spurensuche biographischen Angaben gemacht. Zu Otto Loening sollen diese hier nachgeliefert werden.

Eine Anfrage an uns aus dem Bereich Jura der Universität Bonn nach dem Todesdatum von Otto Loening lieferte den Grund für die Recherchen. 

Otto Loening machte Ostern 1900 sein Abitur und war mit Eduard Riehm in einer Klasse. Er wird im Riehmschen Adressverzeichnis der Abiturienten von 1937 mit der Nr. 629 gelistet. Sein Großvater, Karl Friedrich Löwenthal, war jüdischer Abstammung und beruflich als Verleger in Frankfurt a.M. tätig. In seinem Verlag wurde das erste gemeinsame Buch von Marx und Engels, "Die heilige Familie", aber auch der "Struwwelpeter" herausgegeben. Vater und Sohn Edgar konvertierten zum Protestantismus und nannten sich von nun an "Loening". Durch Zusammenschluss mit einem anderen Verlag entstand der bis heute bekannte Buchverlag "Rütten & Loening". Sohn Edgar ging in die Rechtswissenschaft und wurde nach Halle an die Friedrichsuniversität berufen. 
Seine Söhne Karl und Otto machten dann hier ihr Abitur 1897 und 1900 am Stadtgymnasium. 1910 bewohnte die Familie das Haus in der Händelstr. 28. Otto Loening studierte ebenfalls Recht und ging über Danzig nach Berlin, wo er 1923 Landgerichtsdirektor wurde. Es heißt, dass er auf Grund seines jüdischen Großvaters 1933 einige seiner Funktionen enthoben wurde. Seine Spuren findet man bis 1943 in Berlin. 
Nach dem Krieg ist Otto Loening wohl wieder nach Halle zurückgekommen und in das Haus seiner Familie in der Händelstr. 28 gezogen. Im Halleschen Adressbuch von 1950 wird er dort als Eigentümer des Hauses und Vizepräsident des Oberlandesgerichts Halle aufgeführt. 
Zu seinen wichtigen Publikationen im Bereich Verwaltungsrecht gehört ein Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Dieser erschien zusammen mit den jüdischen Autoren Basch und Straßmann. Später wurde der Kommentar von einem Herrn Palandt fortgeführt und unter seinem Namen veröffentlicht. Dieser Autor war aber zur Nazizeit ein scharfer Verfechter der Naziideologie. Deshalb gibt es heute Bestrebungen unter den Juristen, die Bezeichnung "Palandt" für den Kurzkommentar zum BGB umzubenennen. Als Alternative werden u.a. die Autoren früherer Ausgaben (und damit auch Otto Loening) genannt.

Es wäre interessant, weitere Informationen über das Leben Otto Loenings ab 1933 bis zu seinem Lebensende nach 1950 (wahrscheinlich in Halle) zu erhalten. 

Das historische Schularchiv hat die "Deutsche Rechtsgeschichte" von O. Loening aus dem Jahre 1947 antiquarisch erworben. Auf dem Buchcover wird der Verfasser als Vizepräsident des Oberlandesgerichts Halle (Saale) bezeichnet.  

Spurensuche Quellen:
- Rektoren der Friedrichs-Universität/MLU Halle/Wittenberg in der Wikipedia- Wikipedia-Artikel zu Otto Loening- Initiative "Palandt umbenennen"

Zu den Fotos:
- Foto 1: Antiquarische Ausgabe des Kurzkommentars zum BGB
- Foto 2: Ausschnitt aus dem Berliner Telefonbuch von 1936
- Foto 3: Ausschnitt aus dem Halleschen Adressbuch von 1950- Foto 4: Ausschnitt aus dem Halleschen Adressbuch von 1950

[Bk 23-02-19]
schulgeschichte(at)igs-halle.de