Logo IGS

HISTORISCHE MATHEMATISCHE LITERATUR AUS UNSEREM HAUSE

Unser Schulstandort hat historisch gesehen und bezogen auf das Fach Mathematik einiges Interessantes zu bieten.  

Die Bezüge stehen in Verbindung mit folgenden Namen: Friedrich Meyer (Ma-Lehrer), Felix Bernstein (Schüler), Gottfried Riehm (Ma-Lehrer) und Heinrich Schotten (Ma-Lerher). Lehrer am Stadtgymnasium zu sein hieß bis in die 30er Jahre hinein, sich auch wissenschaftlich zu profilieren: an einer Universität promovieren, eine wissenschaftliche Arbeit als Anhang in den Jahresberichten veröffentlichen, habilitieren und den Status eines Gymnasialprofessors erreichen. Dies war der "normale" Werdegang. Das Stadtgymnasium als humanistisches Gymnasium hatte Latein und die alten Sprachen als Schwerpunkt. Gerade deshalb fallen besondere mathematische Leistungen etwas aus dem Rahmen. Chronologisch betrachtet ist Friedrich Meyer die erste das mathematische Denken prägende Person, die Einfluss auf jüngere Mathematiklehrer und Schüler hatte. F. Meyer beschäftigte sich über den Stand der Schulmathematik hinaus mit neueren Forschungen und stand im Austausch mit Georg Cantor. Er schrieb (wahrscheinlich) das erste deutschsprachige Mathematikbuch für die Schule, das sich die Cantorsche Mengenlehre zur Grundlage nahm. Darin heißt es: "Es ist das große Verdienst der fiefsinnigen Forschungen Georg Cantors, Modi des Unendlichen aufgedeckt zu haben, welche in den transfiniten Zahlen feste Gestalt annehmen." [1, S. III] Friedrich Meyer war erfolgreich beim Entdecken von mathematischen Talenten unter den Schülern und brachte in diesem Zusammenhang Felix Bernstein mit Cantor zusammen. Dies führte für beide Seiten zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit. Meyer hat selbst nicht promoviert und sich auch nicht habilitiert. Dies obwohl ihm das mehrfach empfohlen wurde. Die Universität hat ihm den "docotor honoris causa" verliehen, wie auf seinem noch existierenden Grabstein auf dem Stadtgottesacker zu lesen ist. F. Meyer beeinflußte seinen jüngeren Kollegen Gottfried Riehm, der sein Leben lang ebenfalls Mathematik erfolgreich unterrichtete.
Die unten aufgeführten Werke sind auch im historischen Schularchiv vorhanden; die Abbildungen stammen in diesen Büchern.

>> Friedrich Meyer
[1] "Elemente der Arithmetik und Algebra", 2. Aufl., Halle 1885, 228 S.

Gottfried Riehm unterrichte Mathematik in der Mittelstufe. Er veröffentichte in einem Jahresberichts des Stadtgymnasiums als Beilage eine mathematikdidaktische Arbeit. Daraus stammt der Riehmsche Gedanke: "Was uns helfen kann, ist also nicht eine noch weitere Ausdehnung des mathematischen Lehrpensums auf dem Gymnasium auf Kosten der gründlichen Durcharbeitung, sondern vielmehr eine Herabsetzung seines Umfangs". [2, S. 60]  

>> Gottfried Riehm
[2] "Zur Didaktik des mathematischen Unterrichts in den Mittelklassen des Gymnasiums", in: Jahresberichte des Stadtgymnasiums, 43. Jg., 1911, 60 S.

Felix Bernstein war wohl der mathematisch talentierteste Schüler, der je in unserem Schulhaus seit 1869 unterrichtet wurde. Entdeckt von Friedrich Meyer gehörte er zu den wenigen Schülern, die Georg Cantor in Halle hatte. Von Cantor in die Mengenlehre eingeführt trägt der Cantor-Bernsteinsche Äquivalenzsatz bis heute seinen Namen. Promotion bei Hilbert in Göttingen (1901) und Habilitation in Halle. In Göttingen wurde Bernstein der erste Statistikprofessor und machte sich selbst auf nichtmathematischen Gebieten wie der Blutgruppentheorie einen Namen. Bernstein arbeitete auch in der mathematischen Physik, im Verischerungswesen, in der Versicherungsmedizin sowie in der Genetik. 

>> Felix Bernstein
[3] "Über den Klassenkörper eines algebraischen Zahlkörpers", Habilitationsschrift, o. J.

Heinrich Schotten kam als Lehrer der Oberrealschule in unser Haus  und wurde ihr erster Direktor. Er hat ein zweibändiges Werk zur Planimetrie herausgebracht, das selbst heute noch in einigen amerikanischen Universitätsbibliotheken zu finden ist. Es heißt darin: "Die großen Errungenschaften des letzten Jahrhunderts auf dem Gebiete der Geometrie sind an unseren Schulen fast spurlos vorübergegangen, der Unterricht an den höheren Lehranstalten ist von den Fortschritten genau genommen unberührt geblieben." [4, S. 10] 

>> Heinrich Schotten
[4] "Inhalt und Methode des planimetrischen Unterrichts - eine vergleichende Planimetrie", Leipzig Teubner, 1890, Bd. 1 370 S.

Ergänzt werden soll die Auflistung mathematischer Literatur, die in irgendeiner Form mit unserem Hause im Zusammenhang steht, durch ein Lehrbuch von Dr. Friedrich Reidt, das nachweislich vom Stadtgymnasium angeschafft wurde und dessen Autor z. B. von Heinrich Schotten in seiner Publikation zitiert wird. Darin heißt es: "Die Trigonometrie hat die Aufgabe, daßselbe Ziel mit Vermeidung jeder Konstruktion, durch bloße Rechnung zu erreichen. Sie benutzt dazu gewisse Zahlengrößen, die trigonometrischen - oder goniometrischen - Funktionen, deren Kenntnis zuerst zu erwerben ist." [5, S. 1]

>> Friedrich Reidt
[5] "Elemente der Mathematik - ein Hilfsbuch", 9. Aufl., 4. Teil Trigonometrie, Berlin 1896, 86 S.

[Bk 02-09-11]