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DER 9. NOVEMBER 18 IN HALLE … UND IN UNSEREM SCHULHAUS

Das geschichtsträchtige Datum "9. November" spiegelt sich auch in unserer Schulhausgeschichte wieder. Wo liegen die Anknüpfungspunkte?
1. Am 9. November 2018  fand im Stadtmuseum eine Veranstaltung mit den sogen. "Mauerkriegern" statt, die ihr neues Comic zum Wirken der Gruppe auf neue Art und Weise darstellten. Wie in früheren Artikeln im Bereich Spurensuche dargestellt, gingen 3 der 4 jungen Leute zu DDR-Zeiten auf die POS in der Adam-Kuckhoff-Str. Raik Adam, einer von ihnen, konnten wir in der Schule zum Tag der offenen Tür begrüßen, an dem er über seine Hallenser Zeit als Schüler und seinen weiteren Entwicklungsweg berichtete. Er was es auch, der uns auf das Comic aufmerksam machte, das man im historischen Schularchiv der IGS auch ausleihen kann. Auch die Information zur Buchvorstellung im Stadtmuseum stammt von ihm, wofür wir ihm herzlich danken.  Sowohl das Buch über die Mauerkrieger als auch das Comic wurden auf den Seiten der Spurensuche besprochen. Die Veranstaltung im Stadtmuseum brachte in der Hinsicht neue Informationen, da diesmal alle 4 Mitglieder der Gruppe sowie auch Familienangehörige anwesend waren.  

Externer Link zu einem Video der Veranstaltung:
https://raikadam.jimdofree.com/videos/ 

2. Vor 80 Jahren fand in der Nacht vom 9. zum 10. November die sogen. Kristallnacht statt. Einen kleinen Bezug zur Schulgeschichte gibt es im Moment nur dadurch, dass das einzige von der alten jüdischen Synagoge bekannte Foto (s. hier) vom Hobbyfotografen Gottfried Riehm stammt. 
3. In dem von der Stadt herausgegebenen Heft "Moderne und Revolution" wird in einem Beitrag an die "vergessene Novemberrevolution von 1918" erinnert. Dort heißt es: "Gegenüber dem Westen erhielt in der DDR die Novemberrevolution eine viel größere Aufmerksamkeit …" Man kennt in Halle die Karl-Meseberg-Straße, die Hafenbrücke mit der Meseberg-Gedenktafel, Mesebergs Grab auf dem Südfriedhof, die Rolle des Volksparks zu dieser Zeit usw. usf. In einem MZ-Artikel vom 12.10.2010 heißt es dazu: "Licht in einen historischen halleschen Mordfall versucht eine ungewöhnliche These zu bringen: Felix Kersten, der Leibarzt des Reichsführers SS, Heinrich Himmler, soll - entgegen seinen eigenen Abgaben - Hallenser und zugleich jener nie gefasste Täter gewesen sein, der in den Revolutionstagen des März 1919 den Vorsitzenden des halleschen Soldatenrates, Karl Meseberg, ermordete." Um wen geht es dabei? Um Felix Huberti, der 1915 in unserem Schulhaus sein Abitur machte. Werner Neuß, von dem diese These stammt und der 2 Bücher darüber veröffentlicht hat, war mehrfach Gast in unserer Schule. 
4. Im Stadtarchiv Halle findet vom 24. Oktober bis 20. Dezember 2018 eine Ausstellung unter dem Namen "Ruhe und Ordnung" statt. Und im Stadtarchiv fand seinerzeit die Buchvorstellung der Neuauflage des Buches "Ruhe und Ordnung: Roman aus dem Leben der nationalgesinnten Jugend von Ernst Ottwalt statt. Ernst Ottwalt ist, wie in einigen Artikeln auf den Seiten der Spurensuche dargestellt, der Künstlername von Ernst Gottwalt Nicolas, der ebenfalls Abiturient in unserem Schulhaus war und im genannten Roman auch einige Episoden aus seiner Schulzeit einfügte. Er selbst nahm während der Novemberrevolution die Schule wohl nicht mehr so ernst sondern mischte sich im Auftrage rechter Kräfte unter die Teilnehmer sozialdemokratischer bzw. kommunistischer Veranstaltungen, um für seine Auftraggeber zu spitzeln. Beim ersten Anlauf für das Abitur fiel er durch und wiederholte es später noch einmal erfolgreich.   Wir wissen weiter aus den Informationen zum Lehrer Gottfried Riehm, dass er den politischen Änderungen der Zeit negativ gegenüber stand und sich während der Novemberrevolution sogar freistellen ließ, um die Freikorps-Leute Maerkers zu unterstützen. Also: in revolutionären Zeiten muss jeder Position beziehen. Entweder für die eine oder für die andere Seite. Im Rahmen der Novemberrevolution wurde an der Schule der sogen. Sedantag um den 2. September herum abgeschafft. Der Tag wurde vorher mit einem sogen. Schauturnen begangen. Zeitweise fand dieses auf dem Schulhof der Schule statt. Die Abschaffung des "Sedantages" führte auch unter Schülern zu Protesten. Ernst Ottwalt beschreibt diese Situation im Stadtgymnasium in seinem Buch "Ruhe und Ordnung" (im historischen Schularchiv vorhanden). 
5. Die "rollende Revolution" machte am 7. November Station auf dem Hauptbahnhof Halle. Wie einem Bericht von TV.Halle zu entnehmen war, war die Beteiligung der Hallenser, die nach einem Aufruf des Stadtgymnasiums als Statisten auf dem Bahnhof teilnehmen sollten, äußerst schwach, so gering wie bei keinem anderen Halt der Akteure.  Dies war wohl auch dem Zeitpunkt der Aktion gewidmet: am Vormittag um 10:30 Uhr. Im Gegensatz dazu ging wohl die Beteiligung der Hallenser an den Ereignissen vom November 18 bis März 19 vor einhundert Jahren in die Zehntausende. 
6. Erwähnt werden sollte an dieser Stelle auch eine besondere moderne Form des Recherchierens und Kommunizierens: der Twitter-Hashtag #Revolution1918, der seit dem 7.11.18 bis  zum 26. März 2019. Auf der Website des Projekts (https://revolution1918.geschichte.uni-halle.de/) heißt es: "Denn dieses Projekt ist für uns vor allem: ein Experiment, eine neue Form des Recherchierens, Lernens und Vermittelns von Geschichte. "Durchgeführt wird die Twitteraktion von Geschichtsstudenten der MLU (Leiter Prof. Patrick Wagner). So lautet eine Twitternachricht vom heutigen Tag: "Am Abend finden in Halle erneut zahlreiche Feierlichkeiten  zu Ehren der Revolution statt. Die Hallesche Zeitung schlägt die Öffnung der Kirchen in den Abendstunden vor, um Orte der Ruhe für Menschen zu schaffen, welche die Revolution nicht feiern möchte."Man möchte meinen, ein solches Projekt hätte man auch mit Schülern realisieren können.

7. Zu danken ist einigen Vereinen/Institutionen der Stadt Halle, dass sie zur 100. Wiederkehr dieser bewegten Zeit einige interessante Veranstaltungen durchführt und Publikationen herausgibt. So führte die Historische Kommission für Sachsen-Anhalt den 8. Tag der sachen-anhaltinischen Landesgeschichte am 27.10.18 an historischer Stelle, nämlich dem Volkspark, die Konferenz "Revolutionäre Zeiten zwischen Saale und Elbe" durch. Selbst der "Club "Hallensia" 1899 e.V. Briefmarkenfreunde Halle-Süd" leistete einen interessanten Beitrag, indem Olaf Rodewald zwei ausführliche Artikel zu den Ereignissen dieser Zeit in Halle darin veröffentlichte. Und, was wohl besonders lobenswert ist, da man feststellte, dass die Deutsche Post anlässlich dieses Ereignisses keine Sondermarke herausgab (zum Kar-Marx-Jubiläum wurde eine Sondermarke geprägt) wurden drei Postkarten (Pluskarte individuell) mit drei Motiven aus der Zeit der Novemberrevolution in Halle und einer individuellen zur Zeit passenden Briefmarke herausgegeben. Diese und die beiden Mitteilungsblätter der "Briefmarkenfreunde" können im historischen Schularchiv ausgeliehen werden. 

Fotos
1 - Die Vortragenden der Veranstaltung im Stadtmuseum. In der Mitte Raik Adam2 - Cover des Mitteilungblattes 30/2018 der Briefmarkenfreunde Halle3 - Die vom Verein Briefmarkenfreunde gestaltete Postkarte mit Karl Meseberg in der Mitte der Gruppe und einer selbst gestalteten Briefmarke
Die beiden Fotos oben stammen von Herrn Raik Adam, bei dem zweiten wird ein Stück Zaun in der Hand gehalten, dass damals aus einem Grenzzaun geschnitten wurde.

Quellen
- Artikel der Seiten Spurensuche der IGS
- Die beiden Mitteilungsblätter der Briefmarkenfreunde können auch als pdf-Dateien im Netz abgerufen werden (Abbildungen und Broschüren)- Twitteraktion der Geschichtsstudenten der MLU- "Moderne und Revolution" Broschüre der Stadt Halle als pdf-Datei downloadbar (in der Broschüre der Artikel "Die vergessene Novemberrevolution von 1918" von Dr. U. Meißner)
- Informationsseite der Stadt Halle zur Ausstellung im Stadtarchiv "Ruhe und Ordnung. Plünderungen und Tumulte als Spiegel der politischen Unruhen 1919 - 1921" 

B. Budnik [11-11-2018]
schulgeschichte(at)igs-halle.de