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AUS DEM GEDICHTBAND "DER LEBENDIGE" VON KURT BAUCHWITZ

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Das einzige in Deutschland erschienende Buch von Kurt Bauchwitz ist "Der Lebendige" (1920, Berlin, Ein Gedichtbuch in fünf Akten und einem Echo, Ligilo-Verlag, 134 S.). In der Deutschen Bücherei in Leipzig gibt es ein Exemplar.

Der Gedichtband beginnt folgendermaßen (Schreibweise nach K. Bauchwitz):

Ein wesentliches Vorwort.
Geistige sind. Mögen Lebendige sein!
Nicht Erlauchte, doch Erleuchtete.
Nicht Wänste, doch Runde.
Rund genug, um sogar Plattheiten zärtlich zu umfangen.
Erleuchtet genug, zu - wärmen.
Stark an jener Liebe, die  a l l e s  heiligt
Menschen, die Mut haben zu ihrem  g a n z e n   Selbst.
Menschen für Menschen!

Könnte ich, Leser, Dir statt eines Buches  
eine Schriftrolle zueignen, in der Du nicht zu blättern vermagst, sondern die Du abwandeln mußt nach Ordnung und Folge ::

I. Ihr
II. Es in uns
III. Wir
IV. Mit mir
V. In IHM .....!

Vor dem Vorwort zitiert Bauchwitz Goethe:

Nehmt  nur mein Leben hin, in Bausch
Und Bogen, wie ichs führe;
Andre verschlafen ihren Rausch,
Meiner steht auf dem Papiere.
Goethe

Es folgen folgende Zeilen vor dem Abschnitt I:

ANKüNDIGUNG
Alle Saiten
Sollen klingen
Und schwingen,
Zu allen Breiten
Will ich dringen,
Alle Höhen erringen,
Alle Tiefen zwingen
Und allen Dingen,
Den tollen und vollen,
Den ersten und schwersten,
Den ernsten und fernsten,
Ein Preislied singen.
Was soll mir die Zwangart
Der Übergescheiten?  -:
Heil, wer mit weiten
Armen verehrt!
Das Leben? -:
Ist ein Pferd,
In jeder Gangart
Will ich's reiten!

GEBET
Gib Herr, daß mein Verstand / stets um ein kleines größer sei
Als all mein Witz, der frech / das Oberste zu unterst kehrt,
Daß meine Leidenschaft /  stets um ein kleines größer sei
Als mein Verstand, der schon /  auf kurzem Wege stolpernd
      stutzt.
Gib mir, daß die Vernunft / stets um ein kleines größer sei
Als meine Leidenschaft / die jeder Eulenspiegel   trügt / und
      narrt.
Und daß mein frommer Sinn / stets um ein kleines größer sei
Als die Vernunft, die hoch / im kalten Raume  / jämmerlich
      erfriert.

Aus dem Abschnitt I "Ihr":

Laß Mohn in Deinem Weizenfeld aufsprießen
Und blaue Konrblume,
Mögen andere von Deinem Landwirtsruhme
Genießen,
Das Unkraut jäten Kleine nur im Grolle.
D u  freue Dich der bunt geblümten Scholle!


LITRATEN DER LIEBE
Ihr seid satanisch
Satyriastisch
Und nymphomanisch
Spastisch-orgiastisch,
Ihr seid sadistisch,
Künstelnd-perversisch
Und masochistisch,
Lesbisch und persisch. -
Ach Ihr Verdammten!
Lebende Leichen!
Wahrhaft Entflammten
Könnt Ihr nie gleichen.
Ihr seid nicht tief genug
Und nicht vertiert genug,
Längst nicht naiv genug
Und raffiniert genug -
Genug!

Es folgen mehrere Gedichte zu den folgenden Themen.

KRIEG
1. DER KRIEG
2. TRAUMGESICHT?
3. Ahnung
4. Gerechtigkeit
5. DER ANGRIFF 1918
6. GENERALFELDMARSCHALL
7. DER  KüNSTLER
8. MORITURI
9  MANCHMAL  .....
10. FELDGRAUE STUNDEN
11. ZUR BESINNUNG
12. DAS KONZERT
13. UFF
14.IDYLLE DES KRIEGES
15. WIEDERKUNFT

  

Hier einige Kostproben aus den anderen Abschnitten:


LES EXTREMES ...

Der Ungewöhnliche
Liebt das Banale,
Liebt die versöhnliche
Dampfende Schale
Des koffei(i mit zwei Punkten drauf)nfrein
Kaffees der Gleichheit    -
Die Moralinfrein
Leiden an Weichheit,
Stunden des Zorns
Kennt Hinz und Lehmann,
Wunden des Hornes
Manch braver Ehemann,
Großes will Kleines,
Schwaches will Mächtiges,
Stolz sucht Gemeines,
Armut nur Prächtiges,
Keuschheit will Zoten,
Zahmes wird dreist -,
Doch die Idioten
Schmäh'n Herz und Geist!

KEGELSCHNITTE

....
5.      DER PRIESTER
Gerechter Gott!
Ich halte Wache
Als Engel vor dem Paradies
Und mache
Aus Starken Schwache
Und schwöre, dem  der DICH verließ,
Ewige Rache,
Gerächter Gott!!

7. DER OBERLEHRER
Ich bin so frei, frei nicht gern zu sein, wie der,
Als welcher keine Jägerhemden trägt und auch
Der anderen Ideale Fahnen voll und ganz
Nicht hochhält so wie ich, als sind: Das Deutsche Reich,
Die deutsche Sprache (wie ich sie versteh!), der Krieg,
Zumal auch gegen Fraun mit männlichem  Gelüst,
Die uns aus Amt und Würden ekeln woll'n, o Gott,
Das ungetrennte Schlafgemach für Mann und Weib
Die trotzige Verachtung welschen Eitelsinns,
Die Nacktkultur, wie sie Alt-Hellas einstens pflog,
Homer, Thukydides, Catull, Horaz,
Und endlich das Prinzip der kindlich-weisen Zucht>
(griech. Spruch)

10. DER NATURFORSCHER
Die großen Rätsel sind   g e w e s e n !
Das Weltall liegt vor mir wie ein offenes Buch -
Nur eins bedrückt mir wie geheimer Fluch:
Ich kann's nicht lesen .....

14. DER PARVENü
Geschachert hab' ich, gerafft, gerauft, -
Wer will den Lohn mir wehren?
Ich hab' meine E h r e  um Geld verkauft,
Nun kauf' ich mit Geld mir E h r e  n !
Wo du, Fortuna, je erschienst,
Ward  d e r  Verdienst auch d a s  Verdienst!!!

...


GRABSCHRIFT
Der Gott, der diesen Menschen schuf,
Geh gnädig mit ihm ins Gericht! -
Er war ein Dichter von Beruf,
Doch von Berufung - leider nicht.

In seinem stolzen Denkerhaupte wohnen
Sehr viele Ideen - - - assoziationen!


TROST
Du denkst yu viel, und träumst nur noch von Übeln?!
Faß wieder Mut!
Mein Rat ist gut>
S t i r b ! - in der Grube hörst Du auf zu grübeln.

DIE TüCHTIGE VERKäUFERIN
In dem großen Weltwarenhaus
Wollt ich mir eine Seele kaufen.
"Zwischenstock rechts und dann immer geradeaus,
Vorbei an den Bilder- und Bücherhaufen."
"Bedienen Sie? - eine Seele, schmal,
Und schick, das wäre so mein Verlangen!"
"Kommen Sie bitte ein ander Mal,
Der Artikel ist eben ausgegangen;
Überhaupt t r ä g t  man heut nicht mehr Seelen:
Aber Verstand könnt' ich Ihnen empfehlen ....."

[Bk 24-12-11] 

Mediennr.: L-1920-502164549

Signatur: L:1942 A 9433