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ZU DEN EHEMALIGEN JÜDISCHEN SCHÜLERN WERNER ELKAN UND ALBERT MÜLLER

Unsere Recherchen zu jüdischen Biografien, die mit dem Stadtgymnasium in Verbindung standen und die Beschäftigung mit dem Thema "Stolpersteine" führten uns zu den ehemaligen Abiturienten Nr.532 und 913 nach dem Riehmschen Adressverzeichnis. Albert Müller wird als Abiturient von Ostern 1897 aufgeführt, der 1937 als "Dr. jur. Vermögensverwalter, Halle, Zeppelinstr. 21" angegeben wird. Werner Elkan machte sein Abitur Michaelis 1909 und wird 1937 als "Dr. iur., Justizobersekretär i. R., Halle, Am Steintor 18 II" bezeichnet. Beide waren also im Bereich Justiz tätig. Von Albert Müller ist weiter bekannt, dass er im I. WK ein Bein verlor, also als jüdischer Freiwilliger am Krieg teilnahm.  

Wie man aus dem Gedenkbuch entnehmen kann, wurde die Elkans (Mutter und Sohn) deportiert. Werner Elkan konnte in Theresienstadt befreit werden, seine Mutter Ida nicht. Ida Elkan, für die es noch keinen Stolperstein in Halle gibt, wohnte ebenfalls im Haus Am Steintor 18 (heute befindet sich dort u. a. das Café Wilhelm --> Foto 2 s. Links, heutiger Zustand).  

Einige Häuser weiter, in der Magdeburger Str. 7 (wie auch in der Nähe in der Forsterstr. 13), befanden sich zur NS-Zeit sogenannte "Judenhäuser" (s. Fotos 4+1 links, heutiger Zustand). Jüdische Familien durften ab einer bestimmten Zeit nur noch in bestimmten Häusern wohnen. Viele wurden von dort aus deportiert.

Albert Müllers Leben endete 1942 im Vernichtungslager Sobibor. Auch für ihn existiert noch kein Stolperstein in Halle. Das für ihn (wahrscheinlich) von den jüdischen Architekten Gelhorn und Knauthe gebaute Haus in der heutigen Albert-Schweitzer-Str. 54 wird von der "Halle-Leobener Burschenschaft Germania" genutzt, die das ehemalige jüdische Wohnhaus als "Germanenhaus" bezeichnet (heutiger Zustand s. Foto 3 rechts)

Es ist die Idee entstanden, die Patenschaft für Stolpersteine für die beiden jüdischen Schüler, die ihr Abitur in unserem Hause ablegten, zu übernehmen.

Am 1. Juni 2012 sind genau 70 Jahre seit der Deportation von ca. 150 Hallenser Juden in das Vernichtungslager Sobibor vergangen. Vielleicht lässt sich dieser Anlass mit der Übernahme der Patenschaft verbinden. 

Ergänzung:
Einen Hinweis von Herrn Winkelmann folgend fanden wir in der unten angegebenen Quelle Informationen sowohl über den ehemaligen Abiturienten des Stadatgymnasiums Julius Fackenheim (S. 47f.) als auch über Albert Müller (S. 90f.)
Zu Albert Müller heißt es in der Publikation: "Als Referendar wird er am 13.3.1901 und als Rechtsanwalt am 30.1.1907 vereidigt und beim Amts- und Landgericht in Halle zugelassen. ... Notar ist er seit dem 30.4.1920. ... Am 28.4.1933 bringt der neugewählte nationalsozialistische Vorsitzende der Anwaltskammer Dr. Erwin Noack gegen seine weitere Zulassung die häufige Vertretung von Mitgliedern der SPD und Angehörige der KPD vor. Ferner wird gegen ihn vorgebracht, er habe den zusammengebrochenen kommunistischen Allgemeinen Konsumverein fortlaufend in dessen Notariatsangelegenheiten beraten." Aus der Publikation können wir weiter entnehmen, dass A. Müller aus der Liste der Rechtsanwälte im Juni 1933 gelöscht wurde (damit konnte er auch nicht mehr als Notar tätig sein). Albert Müller besas ein Grundstück in der Hindenburgstr. 34, dass er 1938  zwangsweise verkaufen musste. Der Versuch, 1941 ein Ausreisevisa für sich und seine Familie nach Brasiline oder Panama zu erhalten, scheiterte.

Quelle: "Anwalt ohne Recht - Verfolgte Rechtsanwälte jüdischer Herkunft im OLG-Bezirk Naumburg während des Nationalsozialismus 1933 - 1945", Georg Prick, Herausgeber: Rechtsanwaltskammer des Landes Sachsen-Anhalt, Magdeburg 2010, 112 S. (ULB-Registratur 11 A 469)

[Bk 19-02-12]

EHEMALIGE JÜDISCHE ADRESSEN IN HALLE

aus: Unser Gedenkbuch für die Toten des Holocaust in Halle (V. Winkelmmann und das Südstadtgymnasium)

>> zu Albert Müller
>> Zu Ida Elkan (auch zu Werner Elkan)