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THE PORT OF LAST RESORT - SHANGHAI

"Zuflucht in Shanghai" - so ist eine Dokumentation von Joan Grossman und Paul Rosdy aus dem Jahre 1998 betitelt, die auf der Chemnitzer Ausstellung "Destination Shanghai - Die jüdische Gemeinde in Shanghai 1936 - 1949" (Kunstsammlungen Chemnitz) gezeigt wird (März bis April 2013).

Was hat nun diese Ausstellung/Dokumentation mit unserer Schulgeschichte zu tun? Mindestens ein jüdischer Abiturient des Stadtgymnasiums ging den Weg in die Emigration ebenfalls nach Asien: Kurt Bauchwitz. Allerdings steuerte er nicht das japanisch besetzte und zum Teil unter französischer bzw. britischer Hoheit stehende Shanghai an, sondern die japanische Hafenstadt KOBE. Die Geschichte der jüdischen Exilanten in Shanghai ist allerdings besser dokumentiert als die in Kobe.

Die völkerrechtliche Situation in Shanghai schildert Thomas Pekar in einem Aufsatz (s.u.)so:

"Nach dem Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg (1894 bis 1895), in dem Japan Korea annektiert hatte, und dem Russisch-Japanischen Krieg (1904 bis 1905), durch den sich Japan großen Einfluß in der Mandschurei sichern konnte (Japan übernahm z.B. von Rußland die für den Rohstofftransport wichtige Südmanschurische Eisenbahn), kam es seit Anfang der 1930er Jahre immer wieder zu Kämpfen zwischen Japanern und Chinesen. Japan hatte zum Schutz dieser Eisenbahn eine Armee, die Guandong Armee, in der Mandschurei stationiert, die immer wieder für Unruhe sorgte (Mukden-Zwischenfall 1931; Mandschurei-Krise 1931, die zur Gründung des japanischen Marionettenstaates Mandschuko führte, erster Angriff Japans auf Shanghai 1932 u.a. mit Flächenbombardements). 1937 kam es zwischen Soldaten der Guandong Armee und chinesischen Soldaten zu einem erneuten Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke in Peking, der zum Ausbruch des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges (1937 bis 1945) führte (in Japan ‚Japanisch-Chinesischer Krieg’, Nichū Sensō, in China ‚Antijapanischer Krieg’ genannt). Im November 1937 wurde Shanghai schließlich von den Japanern, nach einem verbittert geführten Kampf gegen die von der Kuomintang geführten Chinesen, erobert, wobei allerdings die exterritorialen Gebiete (International Settlement und French Concession) respektiert wurden, die erst nach dem 7.12.1941 (Angriff Japans auf die USA, Pearl Harbor), besetzt wurden." [S.6 des Aufsatzes]

Das Ghetto in Shanghai wurde erst Ende 1941 eingerichtet, als sich die dort lebenden Juden, die nach 1937 eingetroffen waren, staatenlos wurden  (Nazideutschland hatte 1941 allen im Ausland lebenden deutschen Juden die Staatsbürgerschaft aberkannt). Kurt Bauchwitz hatte zu diesem Zeitpunkt noch  einen deutschen Pass in der Tasche. Bis 1941 lebten die emigrierten Juden aus Deutschland und Österreich im "International Settlement" und konnten sich frei in der Stadt bewegen. Sie versuchten, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen sowie die eigene Kultur und Religion zu pflegen. Unterstützung erhielten sie von ca. 4500 russ. Juden und 400 "Bagdader Juden", die schon länger in der Stadt lebten.

Kurt Bauchwitz, der am 3.4.1939 Hamburg per Schiff verlassen hatte, traf am 29.5.39 in Kobe (Japan) ein. Am 20.11.1940 verließ er Japan per Schiff und traf - via Hawai und Kanada - am 9.12.1940 in San Francisco ein.

"In 1940 and 1941 Kobe became the home to thousands of Jews who were fleeing Nazi persecution. Over 10,000 Jews were able to enter neutral Lithuania through Poland between October of 1939 and May of 1940. Of these, about 5,000 continued on to Japan." (Quelle)

Um die Einwanderung mittelloser Juden einzudämmen verhängte Japan im August 1939 Einreisebeschränkungen. Ein gewisses Dollarguthaben musste nachgewiesen werden. Da war Bauchwitz schon in Japan. Er wird 1939 mit einem Schiff der Hapag-Lloyd über Shanghai nach Kobe gekommen sein (s. Plakat rechts). Shanghai wird er nur vom Schiff aus gesehen haben, obwohl ein gewisser Teil der deutschen Emigranten dort das Schiff verlassen hat.

Mit dem Eintritt Italiens in den Krieg war der Schiffsweg nach Asien versperrt. Es ging - bis zum Überfall Nazideutschlands auf die Sowjetunion - nur noch über den Landweg per Bahn (Transsib) in verplombten Waggons durch Sibirien. Mit dem Überfall Japans auf Pearl Harbor (7. Dez. 1941) waren die ostasiatischen Emigrationsziele überhaput nicht mehr erreichbar.

Weiterführende Links:

[Bk 27-03-13]

Stadtplan von Shanghai aus den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts (der Stadteil Hongkou [engl. Hongkew]wurde zum Ghetto für "Staatenlose")  
Quelle Geschichtswerkstatt Gröpelingen

Begleitheft zur Ausstellung (ist im historischen Schularchiv vorhanden) 

Plakat zum Film  

Ausschnitt aus einem Plakat der Hapag-Lloyd (Quelle